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Ing. Christian Meidlinger
Maria-Theresien-Straße 11 / 7. Stock / Zimmer 7.03
1090 Wien

Wien, am 7. Dezember2018

Sehr geehrter Christian Meidlinger!

Die österreichischen Filmschaffenden sind über das kolportierte Verhandlungsergebnis des Kollektivvertrages für Filmschaffende zutiefst entsetzt! Leider setzt sich damit die negative Entwicklung der letzten Jahre weiter fort und das ist in dieser Form für uns nicht mehr tragbar.

Besonders die nicht mit uns abgesprochene neue Aufteilung der Berufe im Bereich Kamera bereitet allen Filmschaffenden nicht nur große Sorge, sie findet auch ausdrücklich keine Zustimmung.

Andere Berufsgruppen fühlen sich von dieser Entwicklung bedroht. Das Gagengefüge bildet nicht die Realität der Arbeitnehmer ab, vielmehr vermittelt es den Eindruck, die Probleme der Filmschaffenden zu missachten.

Leider haben wir in den vergangen Jahren seitens der Gewerkschaft auch keine Unterstützung erhalten, was die Verbesserung unserer dringenden Sozialversicherungsprobleme angeht. Die Unterteilung in Selbstständig/Unselbstständig ist in unserer Branche auf genau zwei von insgesamt 14 Berufsgruppen anwendbar. Alle anderen arbeiten zwischen diesen antiquierten Einteilungen und sind per se schlechter gestellt, als alle anderen Arbeitnehmer.

Die Übernahme der Medienfachkraft in den KV wurde auch in unseren Verbänden und Gremien eingehend und offensichtlich qualitativ deutlich höherwertig diskutiert, als in der Gewerkschaft. Leider hat es diese nicht der Mühe wert gefunden, sich mit uns abzusprechen, und so wurden unsere Bemühungen um eine konstruktive Lösung hinter unserm Rücken verraten. Herausgekommen ist nämlich, dass der Medienfachmann nun schlechter gestellt ist, als zu jener Zeit, als er in keinem KV abgebildet war, und dadurch werden die Filmschaffenden nicht geschützt, sondern noch mehr unter Druck gesetzt!

Die Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze hat eine Schlechterstellung für Filmschaffende nach sich gezogen, gegen welche der Dachverband seit fast 2 Jahren ankämpft. Die Unterstützung der Gewerkschaft blieb hier vollkommen aus, und zwar sowohl seitens unserer Sektion, als auch seitens des Gewerkschaftsbundes. Eine Bitte um ein Gespräch wurde Abg. Muchitsch im Frühjahr 2017 aus Termingründen abgelehnt, dem Ersuchen, einen Abänderungsantrag im Sozialausschuß zu unterstützen, der das Gesetz repariert hätte, konnte er ebenfalls nicht nachkommen, weil er so viele andere Gesetzestexte zu lesen hatte.

Während der ÖGB, der erst seit dem Regierungswechsel dankenswerter Weise wieder mehr Aktivität zeigt, entschieden gegen den 12 Stunden Tag auftritt, ist dieser seit 40 Jahren in der Filmbranche Realität, samt 60 Stunden Woche, die real eine 80 Stunden Woche ist, und 6 Tage Woche! Einem überholten Dogma folgend, wird die inhaltlich vollkommen falsche Behauptung aufrecht erhalten, Filmschaffen sei nur unter diesen Umständen möglich. Der Kollektivvertrag der Filmschaffenden ist zudem der einzige, der einen Überstundenabschlag vorsieht, in dem er die Pauschalen für die 60 Stunden Woche niederer ansetzt, als jene der Normalarbeitszeit. Durch die Einführung der 60 Stunden Woche wurden die Sozialversicherungszeiten der Filmschaffenden real halbiert!

Der lange kritisierte Urheberrechtsparagraph im KV wurde zwar bei der letzten Reform des KV verbessert, aber die Dauer und die Qualität der Verbesserung beunruhigen uns, wenn wir an die bevorstehenden Herausforderungen im Urheber- und Leistungsschutzrecht denken. Das Kompetenzzentrum Urheberrecht ist jedenfalls die VdFS, und es ist unbegreiflich, warum diese Kompetenz in den KV Verhandlungen nicht genutzt wird.

Die Umstrukturierung der Mindestsicherung ist ein Vorbote dessen, was uns bei der Neuordnung des Arbeitslosengeldes erwartet. Das wird die Filmschaffenden, die nun mal immer schon projektbezogen und damit befristet arbeiten, doppelt und dreifach hart treffen. Die Information, ob und was die Gewerkschaft tut, bleibt einem kleinen elitären Verein von Gewerkschaftsmitgliedern vorbehalten, der sich zusehends von den Branchenrealität und vor allem von den Filmschaffenden abschottet und entfernt.

Die Liste der Missstände ist lang und im Moment verhandelt die Gewerkschaft unseren Kollektivvertrag gegen die Interessen der Arbeitnehmer. Sie werden verstehen, dass wir diesen Zustand so nicht belassen können.

Im Gegenzug verstehe ich wohl den Wunsch dieser Sektion nach mehr Mitgliedern. Warum aber sollte sich ein Filmschaffender einer Gewerkschaft anschliessen, die nicht in der Gegenwart angekommen ist, und deren Intentionen nicht dem Wohl aller Filmschaffenden dient?

Der jetzige KV entspricht nicht mehr den Herausforderungen einer heterogenen, sich rasch wandelnden Branche. Der Dachverband der Filmschaffenden ist jedenfalls der Meinung, dass der Kollektivvertrag dringend von Grund auf neu aufgesetzt werden muss. Das ist sicher kein leichter und kurzer Weg und geht nur im Interesse der Filmschaffenden und mit deren Unterstützung, welche die Sektion zurzeit definitiv in keiner Weise hat.

Ich möchte im Zuge dessen aber auch ausdrücklich auf die gute Zusammenarbeit des Dachverbandes mit der Fachgruppe der SchauspielerInnen und SprecherInnen hinweisen, welche uns in die (ebenfalls seit Jahren überfällige) Entwicklung eines KV für FilmschauspielerInnen einbezogen hat, und wo wir in vielen Aspekten unsere Expertise und Hilfe nach wie vor gerne einbringen.

Der Dachverband der Filmschaffenden erwartet sich in einem ersten Schritt von der Gewerkschaft, dass der ausgehandelte Tarifvertrag nicht unterzeichnet wird und bis zu einer Neuordnung die alte Tarifordnung, evaluiert durch den aktuellen Lohnabschluss, weiter verwendet werden.

Zudem wollen wir bis Mitte Jänner 2019 einen konkreten Vorschlag, wie und ob wir das zerrüttete Verhältnis neu gestalten können.

So kann es jedenfalls nicht bleiben. Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Fabian Eder
Fabian Eder

Obmann des Dachverbands der Österreichischen Filmschaffenden Vorstandsvorsitzender der VdFS

Vorstandsmitglied des AAC