Offener Brief des Dachverbandes der Österreichischen Filmschaffenden an die Österreichische Bundesregierung
Wien (OTS) –

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrter Herr Vizekanzler,
sehr geehrte Frau Bundesministerin,
sehr geehrte Herren Bundesminister,
sehr geehrte Frau Staatssekretärin!

Die österreichische Film- und Musikbranche kämpft seit Eintritt der Corona-Krise um ihre Existenz. 4.500 Unternehmen und über 8.000 ArbeitnehmerInnen in der Film- und Musikwirtschaft sind von den Auswirkungen der Krise unmittelbar betroffen und in ihrer Existenz massiv bedroht, tausende weitere Betriebe und ArbeitnehmerInnen in verbundenen Branchen – von der Hotellerie über die Gastronomie bis zu Ausstattungsunternehmen, Lichtfirmen, Verleihern und Film- und Musik-Dienstleistern – sind von der Unterbrechung, Absage und Verschiebung der Dreharbeiten in Mitleidenschaft gezogen.

Wir erlauben uns daher, Sie im Namen der unterzeichneten Verbände der Filmwirtschaft mit der dringenden Bitte zu kontaktieren, uns in dieser Situation zu unterstützen und dafür Sorge zu tragen, dass wir diese Krise gemeinsam bestehen und die österreichische Film- und Musikwirtschaft wieder arbeiten und erfolgreich sein kann.

Dazu stehen die folgenden drei Punkte im Zentrum:
1. Wiederaufnahme von Dreharbeiten

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Filmdreharbeiten unter klar geregelten Bedingungen, die die Sicherheit der Teams gewährleisten und Rechtssicherheit schaffen, wieder aufgenommen werden können. Dies ist die wirksamste Massnahme, um Beschäftigung in der Filmbranche zu erreichen und gleichzeitig sicherzustellen, dass österreichische Filme und TV-Produktionen mit österreichischem Content auch im nächsten
Jahr gezeigt und gesehen werden können.

2. Absicherung der Branche für wiederaufgenommene Dreharbeiten

Die Filmversicherungen decken Schäden, die auf Covid-19 beruhen, nicht ab. Ohne Filmversicherungen und die Absicherung des Risikos ist die Wiederaufnahme der Drehs aber nicht möglich. Zusätzlich zu den Gesundheitsregelungen für Filmdrehs ist es daher von zentraler Bedeutung, für Produktionsunternehmen wie für ilmschaffende entsprechende Absicherungen zu schaffen.

3. Abdeckung der finanziellen Schäden durch Covid-19

Die Film- und Musikbranche hat sehr spezifische Umsatz- und Kostensituationen, mit unregelmässigen und atypischen Umsätzen, Beschäftigungen und Projektkosten. Daher sind viele der Massnahmen der Bundesregierung für die Branche nicht oder nicht im notwendigen Ausmass zugänglich, und es braucht daher entsprechende zusätzliche Massnahmen und Bedeckungen. Diese haben wir in der Punktation der zusammengefasst, die wir Ihnen anbei übersenden. Wir gehen dabei von einem Volumen von 27 Millionen Euro aus, die notwendig sein werden, um diese Situation zu bewältigen. Wir bitten Sie in dieser dramatischen Situation um Ihre Unterstützung, dies umso mehr, als viele Themen Querschnitts-Materien sind und dementsprechend Entscheidungen im Kanzleramt, dem Vizekanzleramt, dem Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, dem Ministerium für Finanzen, dem Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erfordern.

Wir wünschen Ihnen in Ihrer Arbeit zur Bewältigung der Krise weiterhin viel Kraft und alles Gute.

Mit freundlichen Grüssen,

Dachverband der österreichischen Filmschaffenden
Fachverband der Film & Musikwirtschaft der WKO
Fachvertretung der Film & Musikwirtschaft der WKW

PUNKTATION FILM & MUSIK-PAKET CORONA KRISE
Fachvertretung Wien Film & Musikwirtschaft WKW, Fachverband Film & Musik WKO
Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden
Stand 24 04 2020

1. Abdeckung Schäden und Vorsorge künftiger Produktionen im Bereich der Kinofilmförderung (Spielfilm und Dokumentarfilm)

Zusätzlicher Mittelbedarf ÖFI: 1,7 Millionen Euro pro Monat Stillstand. Abwicklung & Prüfung: ÖFI / Filminstitut
Bei vorauszusehenden 5 Monaten, bis hoffentlich im Sommer Produktionen wieder im vollen Umfang hochfahren können: 8.500.000 Euro

2. Stoff- und Projektentwicklungsoffensive Kino

Damit RegisseurInnen und AutorInnen unmittelbar an neuen Stoffen arbeiten können, und um antizyklisch die Produktionen für die Zeit nach der Krise vorzubereiten. Abwicklung & Prüfung: ÖFI / Filminstitut
Mittelbedarf ÖFI für die nächsten beiden Sitzungen: 1.000.000 Euro

3. Abdeckung Schäden und Vorsorge künftiger Produktionen im Bereich der Fernsehfilmförderung

Zusätzlicher Mittelbedarf RTR für die anteilige Abdeckung von Schäden bei TV-Produktionen: 1,25 Millionen Euro pro Monat Stillstand. Abwicklung & Prüfung: RTR. Bei vorauszusehenden 4 Monaten, bis (bei TV-Produktionen schneller als bei Kino-Produktionen) Produktionen wieder im vollen Umfang hochfahren können: 5 Millionen Euro. Unabhängig davon sollte der RTR die Möglichkeit erhalten, auch im TV-Bereich Stoff- und Projektentwicklungen zu ermöglichen (siehe Punkt 2), dafür sollte ein Budget von 1 Million Euro zur Verfügung
gestellt werden.
Gesamtmittel-Bedarf RTR daher: 6.000.000 Euro

4. Aufstockung Vergabe-Volumen ORF.

Für 2020 Halten des Auftragsvolumens für heimische TV- und Film-Produktionen von 100 Millionen. Die Einbrüche durch die Schäden und Stillstände durch die Corona-Krise werden sich dennoch nicht in der zweiten Jahreshälfte 2020 auffangen lassen. Es muss daher sichergestellt werden, dass der ORF trotz der
sinkenden Gebühreneinnahmen über die nächsten drei Jahre die Mittel zu einer Erhöhung und Stärkung des österreichischen Auftragsvolumens zur Verfügung hat (Stichwort: Refundierung der Kosten für die durch die Corona Krise erhöhte Gebührenbefreiung).

5. Sicherheitsnetz für Filmschaffende

Aufgrund der atypischen Arbeits- und Auftragsverhältnisse in der Audiovisions-Branche muss ein das AMS & die Härtefonds ergänzendes Instrument zur Absicherung der Filmschaffenden aufgebaut werden, weil das AMS oft nicht greift (zukünftige zugesagte Beschäftigung, atypische Gagenstruktur, Zeitablauf, keine Anspruchsberechtigung wegen asymetrischer Anstellungszeiten etc). Die Lösung: Ein Hilfsfonds für alle selbständigen und unselbständig tätigen Filmschaffenden, SchauspielerInnen und Film-EPU (siehe Dokument des Dachverbands). Zusätzlicher Mittelbedarf: 7.500.000 Euro

6. AMS Kurzarbeit

Unabhängig vom Hilfsfonds ist die Ermöglichung der Kurzarbeit für Filmdrehs vom ersten Tag der Beschäftigung an ein zentrales Mittel zur Bewältigung der Krise. Daher ist die Abschaffung der 4wöchigen Vorlauffrist für die Filmbranche eine weiterhin essentielle Maßnahme.

7. Bürgschaft für zukünftige Dreharbeiten

Da die Filmversicherungen Corona-bedingte Ausfälle dezidiert ausschließen, bedarf es einer Staatshaftung, um Dreharbeiten überhaupt wieder zu ermöglich und um Anzahlungen der Sender, Vertriebe und Förderungen (die teilweise mit Bankbürgschaften unterlegt werden müssen) abzusichern (ähnlich der Kredit- bzw. Exporthaftungen). Vorschlag: Ansiedelung im AWS, das mit entsprechenden Bürgschaften weitreichende Erfahrungen hat.

8. Erhöhung des Musikfonds

Ziel ist die Erhöhung des Musikfonds auf insgesamt 5.000.000 Euro.
Zusätzlicher Mittelbedarf der öffentlichen Hand: 4.000.000 Euro.

Finanzieller Gesamtbedarf: 27 Millionen Euro
plus Finanzierung des Bürgschaftsfonds und der AMS Kurzarbeit für Filmdrehs
plus Sonderfinanzierung ORF zur Anhebung des Produktionsvolumens

Rückfragen & Kontakt:
Fabian Eder, Vorsitzender Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden, fabian.eder@backyard.at, Mobil +43.664.1011624

Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Vorsitzender Fachvertretung Film & Musikwirtschaft Wien,
ivanceanu@amourfoufilm.com, +43 699 1 994 99 22

LINK ZUR OTS hier:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200427_OTS0103/offener-brief-des-dachverbandes-der-oesterreichischen-filmschaffenden-an-die-oesterreichische-bundesregierung?fbclid=IwAR1FDHiVYyehbhIuFuS3BiVnNMi55oWdiP57FEPI3ND-DGEx_lWiWl7eSGM