Ehrenmitglieder, In MemoriamWien† 22.Oktober 2015
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HEINZ BROSSMANN (1933-2015)

Es ist ungefähr 45 Jahre her, dass ich Heinz zum ersten Mal begegnet bin. Ich war ein ganz junger Kameramann, der mit Stolz seine erste Fernsehsendung drehen durfte. Ich kam zu ihm in den Verleih, um mir die 16Arri BL auszuleihen, damals die beste Tonkamera, die zu bekommen war. Ich war etwas nervös, denn ich sollte zum ersten Mal damit arbeiten . Ich habe nie vergessen, mit welcher Geduld Heinz mir den ganzen Nachmittag diese Kamera erklärt hat, und ich war nie ein großer Techniker vor dem Herrn. Schon damals merkte ich, dass in Heinz ein ausgezeichneter Lehrer steckte und ich habe eigentlich nie verstanden, dass das die Filmakademie nie genützt hat.

Heinz Brossmann an der Kamera
Es gibt Menschen, die nicht viel Aufhebens um die eigene Person machen, aber stets bereit sind sich für andere vorbehaltlos einzusetzen. Heinz Brossmann war eine solche Ausnahmeerscheinung, ein Mann mit Haltung und solidarischer Empathie.

Diese Haltung war auch in seiner lupenreinen proletarischen Herkunft begründet. Sein Vater, zunächst Bäcker, dann Straßenbahner, drehte schon lange vor ihm, nämlich die Kurbel eines Triebwagens der Wiener Tramway. Heinz wuchs mit sozialdemokratischen Werten auf. Ja, die hatten damals noch Gültigkeit !Seine frühreife Kritikfähigkeit bewies er bereits in der Nazizeit, als er sich beharrlich weigerte der Hitlerjugend beizutreten.

Als junger Mann wurde Heinz Kommunist, was durchaus mit seiner Neigung für soziale Verantwortung zusammenhing. Den Stalinismus lehnte er allerdings entschieden ab. Folgerichtig kehrte er 1968 der KPÖ den Rücken ,als die Streitkräfte des Warschauer Paktes den Prager Frühling niederwalzten.
Heinz erlernte den Beruf des Elektrikers und als solcher arbeitete er in den Rosenhügelstudios, die damals als sogenannter USSIA-Betrieb von der Russischen Besatzungsmacht geführt wurden. Nebenbei ließ er sich auch noch zum Filmvorführer ausbilden. Danach bildete er sich stetig autodidaktisch weiter und erwarb jenes unglaubliche technische Fachwissen, um das wir ihn später alle bewunderten. Bevor Heinz jedoch zum technischen Mentor von uns allen wurde konnte er bereits auf eine beachtliche Karriere als Kameramann verweisen, in der er österreichische Film- und TV-Geschichte mitschrieb. Der bekannte Regisseur Hugo Hermann erkannte sein Talent als erster und wurde sein Mentor.

Die Kameraarbeit von Heinz veredelte zahlreiche legendäre österreichische Film- und Fernsehproduktionen. Der bekannte Filmabenteurer Max Lersch wurde einer seiner wichtigsten Regisseure. So entstand, nach einem Buch von Jörg Mauthe, die Serie MUSSA DER TUAREG in Nordafrika. Sie legte den Grundstein für die Begeisterung, die Heinz Zeit seines Lebens für den schwarzen Kontinent hegte.

Legendäre Fernsehserien wie DIE PERLE mit Ruth Drexel, DONAUGSCHICHTEN mit Theo Lingen und Willy Millowitsch oder PATER BROWN mit Josef Meinrad trugen seine cineastische Handschrift. Die in Jugoslawien produzierte TV Serie OMER PASHA besitzt bis heute Kultstatus.
Hinter der Kamera: Heinz Brossmann.

Namhafte Regisseure wie Imo Moskowitsch, Wulf Flemming und Christian Jaques schätzen die Kameraarbeit von Heinz ungemein. Er verstand es nämlich, speziell bei Außenszenen und Sets mit Originallicht, sich jeder neuen Situation erfolgreich und kreativ zu stellen. Beim damaligen Stand der Kameratechnik war das alles andere als einfach.
In ZUG FÄHRT WIENTAL einem Klassiker unter den österreichischen TV Filmen wusste Regisseur Günter Gräwert diese außerordentliche Fähigkeit von Heinz zu nützen.
Die Folge ZÜRICH aus der Dokuserie SONNTAG IN EUROPA verschaffte Heinz himmlische Kritiken .

Was die praktische Film- und Kameratechnik betraf, konnte ihm kaum jemand das Wasser reichen.
Sein legendärer Geräteverleih „Cine Service“ wurde zum Dreh-und Angelpunkt der österreichischen Kameraleute und ihrer Assistentinnen und Assistenten, die sich dort die Klinke in die Hand gaben. Kaum ein großes Filmprojekt, das nicht mit Gerätschaft aus seinem Leihpark durchgeführt wurde.
Die Räumlichkeiten von „Cine Service“ waren damals bereits ein unverzichtbarer Ort der Kommunikation und persönlichen Begegnung für uns Kameraleute, da es ja sonst kaum Gelegenheiten gab die Kollegenschaft zu treffen.
Für Heinz waren wir alle schon zu Anfang viel mehr als nur Kollegen, vielen hat er in selbstloser Art geholfen. Zum Beispiel indem er sie kurzfristig in seiner Firma angestellt hat, wenn sie zu lange kein Engagement bekamen und Gefahr liefen aus dem sozialen Netz zu fallen.

Ehrenmitgliedschaft an Heinz BrossmannEs es war daher naheliegend, dass Heinz einer der „Urväter“ der Gründung des Verbandes österreichischer Kameraleute AAC wurde, dessen notorische Umtriebigkeit sich in den ersten Jahren in den Räumlichkeiten seiner Firma entfaltete. Dabei stellte Heinz seine unglaubliche Großzügigkeit unter Beweis. Mit Selbstverständlichkeit stellte er dem neu gegründeten ersten Berufsverband von Filmschaffenden nach 1945 die Infrastruktur seines Unternehmens zur Verfügung . Er wurde zum ersten und legendären Finanzreferenten des AAC. Mit seiner für ihn typischen Umsicht bereitete er die ökonomische Basis , um die gewaltigen Vorhaben der Berufsvereinigung umzusetzen. Heinz Brossmann hat, wie es seinem bescheidenen Naturell entsprach, im Hintergrund dabei wertvollste Pionierarbeit geleistet. Daher haben ihm nicht nur die Kameraleute, sondern darüber hinaus alle Filmschaffenden dieses Landes viel zu verdanken. Er wurde dafür mit der Ehrenmitgliedschaft des AAC ausgezeichnet.

Ich erinnere mich noch sehr gern an die von uns sogenannte „Sträflingsarbeit“ für den AAC.
Gemeint sind die unzähligen Male , wo wir Aussendungen an alle Mitglieder vorbereiten mussten. Dabei saßen wir Vorstandsmitglieder um einen runden Tisch bei „CineService“ und haben wie die wilden kuvertiert, zugeklebt, gestempelt. Heinz hat uns mit Kaffee und Kuchen bewirtet. In einer Branche, die schon damals durch brutalen Wettbewerbsdruck und Vereinzelung gekennzeichnet war, entstand da etwas Einmaliges:
Nämlich ein Gefühl der Solidarisierung, der Achtsamkeit auf einander in dem Wissen, dass man gemeinsam etwas bewirken kann. Trotzdem!
Heinz hat uns in diesem Gefühl immer bestärkt nicht zuletzt indem er sich selber für die Sache ins Zeug geworfen hat.
In diesem Sinn war er weniger ein Mann des Wortes sondern vielmehr einer der Tat! Er hatte stets eine positive Ausstrahlung nicht zuletzt auf Frauen . Er galt als Charmeur, war gut aussehend. In seiner eleganten Lederjacke über einem Hemd mit modischer Schalkrawatte verkörperte er den Kameramann par exellence! Wollte man in einem Film einen feschen Kameramann besetzen, er wäre die Idealbesetzung gewesen.

Zu einem gelungenen Leben, wie es das von Heinz ganz sicher war, gehört vor allem zu lieben und geliebt zu werden. Als er vor über 30 Jahren Jutta, seine große Liebe kennenlernte, war es aus mit seinen gelegentlichen Eskapaden. Mit ihr verbrachte er unvergessliche Jahre. In Wien und in seinem geliebten Refugium Ritzing. Jutta teilte sein Faible für Tiere und Afrika, indem sie mit ihm ganze 10 Mal dorthin gereist ist. (Damals hat sie, wie sie mir anvertraute, zum ersten Mal, 58 jährig, in einem Zelt übernachtet). Sie bewies ihre große Liebe ganz besonders, indem sie bis zuletzt gerade in diesen schweren Wochen und Tagen nicht von seiner Seite gewichen ist.
Was bleibt von Heinz? Ich meine sehr, sehr viel. Sein künstlerisches Talent hat er seinem Sohn Heini vererbt, der ein unverwechselbares Puppentheater kreiert hat. Der hat es seinerseits an die Enkel weiter gegeben. So wurde vor wenigen Tagen Jakob Brossmanns erster abendfüllender Dokumentarfilm mit großem Erfolg in Wien präsentiert. Ich weiß, Heinz wäre sehr, sehr stolz gewesen. Aber ich möchte bewusst nicht den Konjunktiv verwenden. Möglicherweise ist er stolz!

Aber wie ist das zu verstehen?
Heinz, der wie kaum ein anderer christliche Werte gelebt hat, bezeichnete sich selbst als Atheist ohne Erwartung eines Lebens nach dem Tode Aber könnte es nicht sein, dass er sich gerade dabei geirrt hat? Dass er nun einer ungeheuren Verblüffung erliegt, indem er jetzt gegenwärtig ist ? Und uns alle, die ihn geliebt und gemocht haben, freudig wahrnimmt? Gerade er mit seinem technischen Verständnis wusste genau, dass in der Physik Energie niemals verloren gehen kann, sondern nur verwandelt wird. Ich glaube, dass alles, was einen Menschen ausmacht in ein ewiges Gedächtnis einprägt ist. Wir erlöschen nicht endgültig sondern werden nur verwandelt. Arthur Schnitzler in seiner weisen Art sagt klar und deutlich : WAS WAR, DAS IST.

Heinz mit seiner ungeheuren positiven Energie hat uns alle mehr oder weniger verändert. Wir werden ihn daher in unseren Herzen tragen. Er ist also definitiv nicht weg!

Lieber Freund!
Ich danke Dir , dass Du warst und dass Du bist.

Kurt Brazda

Heinz Brossmann bei einer AAC Sitzung

Die Überreichung der AAC Ehrenmitgliedschaft an Heinz Brossmann

Werkliste

FILMTITEL FILM-UNTERTITEL PRODUKTIONSJAHR FUNKTION
DONAUG’SCHICHTEN Ausflug in die Wachau 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Bleikristall aus Böhmen 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Der Kaiser von Yspertal 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Die Strasse nach Budapest 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Dynamos für Orschowa 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Falscher Ton aus Bratislava 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Gänseleber für Donaueschingen 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Geschäfte mit Passau 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Hannibal vor Wien 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Kongress in Mamaia 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Orangen aus Belgrad 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Slibowitz in Regensburg 1967 Kamera
DONAUG’SCHICHTEN Übermorgen in Krems 1967 Kamera
PATER BROWN Der Fluch des Buches 1969 Kamera
PATER BROWN Der Unsichtbare 1969 Kamera
PATER BROWN Die Form stimmt nicht 1969 Kamera
PATER BROWN Die Spitze einer Nadel 1969 Kamera
PATER BROWN Hölle, Hölle, Hölle 1969 Kamera
PATER BROWN Wer war der Täter? 1969 Kamera