Urheberrecht…?

von Dr.Walter Dillenz

Diese Frage hat 60 Jahre hindurch, also seit dem geltenden österr. Urheberrecht von 1936, eigentlich niemanden interessiert. Warum auch? Das österr. Urheberrecht sieht die Abtretung aller Verwertungsrechte an gewerblich hergestellten Filmwerken an den Filmhersteller vor („cessio legis“). Die Urheber eines Filmwerkes, also etwa die Regisseure, mußten daher ihr Urheberrecht ohnehin „an der Kassa abgeben“. Was ihnen verblieb, war das Recht, im Vor- oder Nachspann als Filmurheber genannt zu werden.

Die Situation änderte sich als, etwa Mitte der achziger Jahre, bekannt wurde, daß die Verwertungsgesellschaft Bild Kunst in Bonn Zahlungen aus der Geräte- und Leerkassetten-vergütung auch an Kameraleute leistete. Österreichische Kameraleute, die davon erfuhren, schlossen sich der VG Bild Kunst an und erhielten einige Jahre hindurch Zahlungen. Anfang der neunziger Jahre bildete sich auch in Österreich eine Verwertungsgesellschaft der audiovisuellen Urheber, die VDFS, Verwertungsgesellschaft Dachverband Filmschaffender. Bei der Gründung und in den Organen dieser Gesellschaft wirkten von Anfang an nicht nur die Regisseure und Drehbuchautoren, sondern auch Kameraleute, Cutter und Ausstatter mit. In den ersten Jahren ihres Bestehens begnügte sich die VDFS – zwangsläufig wegen der cessio legis in Österreich – damit, ausländische Entgelte an ihre Mitglieder weiterzuleiten. Sie war dabei auf die Qualifizierung ausländischer Gesellschaf-ten angewiesen: Manche erkannten den Kameramann an (Deutschland, Ungarn, Finnland), manche wieder nicht (Schweiz, Frankreich, Holland). Ab 1995 sollen auch in Österreich für die Filmurheber Einnahmen fließen.

Die Frage, ob Kameraleute Urheber oder Miturheber am Film sind, gewinnt daher an Bedeutung. Das Gesetz gibt an sich eine klare Antwort auf die Fragenach dem Urheber:

„Urheber eines Werkes ist, wer es geschaffen hat“.

Sind mehrere Urheber beteiligt, steht ihnen das Urheberrecht als Miturheber gemeinschaftlich zu.

Wer aber hat das Filmwerk „geschaffen“? Die Erläuterungen zu unserem Gesetz sagen dazu:

„Was die Urheber betrift, ist zu berücksichtigen, daß Filmwerke vielfach Kollektivschöpfungen sind, an deren Gestaltung im einzelnen verschiedene Personen mitwirken. Es wäre eine offenbare Überspannung des Schutzes, wenn das Gesetz jedem Mitschaffenden, mag seine schöpferische Leistung auch noch so klein sein, das gleiche Recht darauf einräumte, als Urheber des Filmwerkes genannt zu werden. Diese Erwägung rechtfertigt es, nur solche Personen, die der Gesamtgestaltung des Filmwerkes den Stempel ihrer Persönlichkeit aufgedrückt haben, einen Anspruch darauf zu gewähren, als Urheber des Filmwerkes genannt zu werden“.

Drücken Kameraleute üblicherweise dem Filmwerk „den Stempel ihrer Persönlichkeit auf“?

Das Oberlandesgericht Wien war sich da nicht so sicher. In einer Entscheidung aus 1990 meint es, daß das nur der Regisseur sein wird. Michael Walter meint in seiner Kritik dieser Entscheidung:

„Auch bei Filmen, die tatsächlich die Handschrift des Filmregisseurs als Einzelperson tragen, wie dies bei den klassischen Spielfilmen die Regel sein wird, ist nicht ausgeschlossen, daß daneben auch andere Personen maßgebend zur Gesamtgestaltung beigetragen haben. Dies wird gewöhnlich gerade für für den Kameramann und den Cutter zutreffen“.

In Deutschland ist die urheberrechtliche Stellung der Kameraleute viel klarer. Ein Gesetzeskommentar aus dem Jahr 1994 sagt:

„Auch für den Kameramann im Sinne des „Chefkameramannes“ kann die schöpferische Qualität der von ihm erbrachten Leistungselemente bei der unmittelbaren Herstellung der Bildfolgen, der Licht- und Farbgebung und der Szenenauflösung nicht zweifelhaft sein.“

Ein Sonderfall ist die Mitwirkung von Kamera-leuten an Aufnahmen, aus denen kein „Filmwerk“, sondern nur ein „Laufbild“ entsteht. Das wird zwar nur selten der Fall sein, da in der Regel ein „Filmwerk“ entsteht. Das wird etwa auch für reine „Sexfilme“ gelten, bei denen die Gestaltungsmöglichkeiten naturgemäß etwas eingeschränkt sind – auch dieser wird ein „Filmwerk“ sein. „Laufbilder“ werden daher nur bei der Aufnahme von Familienfeiern und ähnlichem entstehen. In diesem Fall aber stehen die Leistungsschutzrechte des Kameramannes dem Inhaber des Unternehmens zu, also etwa dem gewerbliche Photographen, der dem Kameramann den Auftrag erteilt hat, eine Hochzeit auf Video aufzunehmen.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß typischerweise den Kameraleuten in Österreich Urheberrechte zustehen. Die Verwertung dieser Rechte hängt von den Ansprüchen ab, die das Urheberrechtsgesetz den Filmurhebern allgemein gewährt und natürlich von der praktischen Wahrnehmung durch die VDFS.